Historisch-politische Bildung
Das „Tommy-Projekt“
Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium
„Koffer packen für Tommy“ – ein Erinnerungsprojekt aus der Mittelstufe
„Erinnere dich und vergiss nie!“
Dem jüdischen Gebot „Sachor we lo tischkach“ folgend begannen wir im Januar 2023 ein fächerübergreifendes Holocaust-Education-Projekt, das den Ideen und Grundsätzen der Yad Vashem international school for holocaust studies folgte. Wir beschäftigten uns mit dem Buch „Für Tommy zum 3. Geburtstag“, welches der Künstler Bedrich Fritta im Ghetto Theresienstadt schrieb und illustrierte. Er wollte es seinem Sohn Tommy zum 3. Geburtstag schenken. Bedrich und seine Frau Johanna überlebten den Holocaust nicht und so gelangte das Buch auf Umwegen, erst lange nach dem Krieg, zum bereits erwachsenen Tommy. Die Geschichte der Familie Fritta stand während des Projekttages im Fokus.
Der kleine Tommy wurde als Einjähriger mit seinen Eltern aus Prag nach Theresienstadt deportiert, er verlor beide Eltern, überlebte als einziger der Familie. Sein Vater, Bedrich Fritta, zeichnete seinem Sohn das Bilderbuch als Gegenentwurf zur finsteren und grausamen Welt des Ghettos, um ihm zu zeigen, dass es jenseits der Mauern eine andere, buntere Welt gab.
Ein leerer, 100 Jahre alter Koffer, diente uns während des Projekttages als visueller Impuls, um historisches Denken und Entscheiden zu simulieren: Was hättet ihr eingepackt? Was nimmt man mit, was bleibt zurück? Was passt in nur einen Koffer, den man packen muss, ohne zu wissen, wohin es geht und wann oder ob man zurückkehren wird?
Symbolisch packten auch die Schüler*innen an diesem Tag den Koffer und berichteten bei den offiziellen Feierlichkeiten zum Holocaustgedenktag vom Leben der Familie Fritta.
Kurz darauf erhielten wir völlig überraschend eine E-Mail von David Fritta Haas, Tommys Sohn, der uns nur wenige Wochen später gemeinsam mit seinem Sohn Julius am Annette-Gymnasium besuchte, um uns von seiner Familiengeschichte zu berichteten. David lud uns ein, mit ihm eine Reise nach Prag und Theresienstadt zu unternehmen, um uns die originalen Schauplätze zu zeigen, an denen das Buch seines Großvaters entstanden ist.
Und so packten die Schüler*innen in Begleitung ihrer Lehrer*innen, einer Redakteurin der Westfälischen Nachrichten und eines Fotografen die Koffer, um sich auf Spurensuche zu begeben.
Begleitet uns auf dieser Reise, teilt unsere Gedanken und werdet Teil einer Gemeinschaft, die Farbe bekennt und Zeugnis ablegt.
Wanderausstellung
Unsere Schüler*innen haben im Rahmen des Projekts persönlich erfahren, dass Gedenken viele Schritte benötigt, zuweilen auch Mut und Kraft. Ihre Erlebnisse, Erkenntnisse und Emotionen haben sie in in einer Wanderausstellung zusammengestellt, die z.B. ab dem 27. Januar in den Räumen der Bezirksregierung zu sehen sein wird. Der Fotograf Andreas Löchte hat die Klasse nach Prag begleitet. Aus fast 2000 Fotos haben die Beteiligten 50 eindrucksvolle Motive ausgewählt. Zu sehen ist das, was die Schüler*innen in Prag, Theresienstadt und Lidice gesehen haben. Diese Ausstellung von Schüler*innen für Schüler*innen über die Bedeutung des Gedenkens an den Holocaust kann über unsere Schule angefragt werden.
Die digitale Version der Ausstellung findet sich hier:
... und zum Schluss
Erinnerungsprojekte benötigen Engagement und Unterstützung, die über den normalen schulischen Rahmen hinausgehen. Für dieses Engagement und die tatkräftige bzw. finanzielle Untersützung möchten wir uns bei folgenden Personen und Institutionen herzlich bedanken bei …
… den Schüler*innen unserer Klasse 10d, die das Projekt über zwei Jahre getragen haben
… ihren Lehrer*innen Frau Götz und Frau Hamidi
… David Fritta Haas und Julius Haas
… Andreas Loechte
… dem Förderverein und dem Ehemaligenverein des Annette-Gymnasiums
… der Sparkasse Münsterland Ost
… der Dr. Hildegard Hansche Stiftung
… der Axel Springer Stiftung
… der Wertestiftung Münsterland
und den Eltern der Klasse 10d, insbesondere Frau Katrin Jung.