von: Sabrina Hamidi und Julia Götz / Foto: D. Rayen – Westfälische Nachrichten

Am letzten Montag fand im Rahmen der Vorbereitungen auf die Gedenkstättenfahrt der Klasse 9d nach Theresienstadt ein Zeitzeugengespräch mit der 92-jährigen Holocaustüberlebenden Frau Evelina Merowa per Zoom statt. Die Klasse 9d hatte sich im Vorfeld intensiv mit der Biografie von Evelina im Deutschunterricht bei Frau Götz auf dieses Zusammentreffen vorbereitet und das JIB der Stadt Münster stellte der Klasse am Nachmittag freundlicherweise Räume zur Verfügung, in denen das Gespräch übertragen und aufgezeichnet werden konnte. Für die technische Umsetzung sorgten Luca Wlecke (Q2) und Jerome Brungert (Q1).

Frau Merova hat 2016 ihre bewegende Biografie – „Lebenslauf auf einer Seite“ veröffentlicht, aber jede ihrer Lebensstationen könnte die Seiten eines Romans füllen: Nach einer glücklichen Kindheit in Prag wurde sie mit ihrer Familie als 8-jähriges Mädchen ins Ghetto Theresienstadt deportiert, lebte dort 18 Monate unter Gleichaltrigen im „Zimmer 28“ auf beengtestem Raum, bevor sie das Konzentrationslager Auschwitz und zwei weitere Lager überlebte. Weitere 50 Jahre mussten vergehen, bis sie in ihre Heimatstadt Prag zurückkehren konnte, weil sie nach dem Krieg gegen ihren Willen als Waise von einer kinderlosen russischen Arztfamilie nach Leningrad adoptiert wurde.

Frau Merowa beeindruckte die Schüler*innen und Lehrer*innen mit ihrer festen, deutlichen Stimme, ihrer resoluten Art, ihrem perfekten Deutsch und ihrer Klarheit, mit welcher sie deutlich machte, was ihr wichtig ist: Jungen Menschen, solange es geht, Antworten auf deren Fragen zu geben. Sie konnte nicht alle Fragen der Schüler*innen beantworten, weil es auch heute noch Dinge gibt, über die sie nicht sprechen kann und will. So plagen sie auch immer noch fortwährend Alpträume.

Aber schreiben könne sie darüber, weshalb sie ihre Lebensgeschichte aufschrieb, um sie den eigenen Kindern zum Nachdenken zu geben. Wie sie es geschafft habe, all das Grauen zu überleben und nach dem Krieg weiterzumachen, wollen die Schüler*innen wissen. Das wisse sie auch nicht, sagt Evelina, aber es habe viele Situationen gegeben, in denen kein Platz gewesen sei zum Hadern, Zögern oder Verzweifeln, weil es nur noch ums Überleben gegangen sei.

Mit einer Freundin, an deren Seite sie Auschwitz überlebte, trifft sie sich auch heute noch regelmäßig, nicht persönlich, aber per Skype: Die eine in Prag, die andere im Kibbuz in Israel. Wöchentlich sprechen beide miteinander, dann aber über alles, auch über die Vergangenheit.