aus: WN, 25.4.2023
Bild und Text: Doerthe Rayen

Am Ende gab es nur glückliche Gesichter. Strahlende Schülerinnen und Schüler, erleichterte Lehrerinnen und Lehrer, stolze Eltern. Und ein gerührter David Fritta-Haas. Der hatte am Montagmorgen, begleitet von seinem Sohn Julius, als Ehrengast der Klasse 8d im Sessel auf der Aula-Bühne des Annette-Gymnasiums Platz genommen. Nach gut einer Stunde „Zweitzeugen“-Gespräch war er voll des Lobes: „So etwas habe ich noch nicht erlebt. Das ist Balsam für die jüdische Seele.“

Aus Berlin war der 57-Jährige eigens nach Münster gereist, um die Jugendlichen zu treffen, die im Januar zum Holocaust-Gedenktag einen Projekttag „Kofferpacken für Tommy“ mit ihren Lehrerinnen Julia Götz und Sabrina Hamidi umgesetzt hatten. Tommy ist der Vater von David Fritta-Haas – somit hatten sich die Achtklässler mit seiner Familiengeschichte auseinandergesetzt. Zufällig hatte David Fritta-Haas von dem Projekttag erfahren – und war angetan von dem Engagement der Annette-Schüler.

Auf einen ersten Mail-Kontakt folgte ein Video-Call – und jetzt die persönliche Begegnung. Die 8d war Gastgeberin für das „Zweitzeugen“-Gespräch, an dem nicht nur 300 Schülerinnen und Schüler teilnahmen, sondern auch viele Gäste – angefangen mit Vertretern der Stadt Münster, vom Friedensbüro und der Jüdischen Gemeinde bis hin zum Center for Literature.

Die Jugendlichen hatten das Gespräch perfekt vorbereitet. Sie informierten das Publikum über das Schicksal des jüdischen Jungen Tommy, der als einziger seiner Familie den Holocaust überlebte. Nur ein von seinem Vater illustriertes Bilderbuch ist dem Sohn geblieben.

David Fritta-Haas erzählte von seinem Vater, der „ein untypisches, aber gleichwohl spannendes Leben“ geführt habe. Er habe seinen Kindern selten von den Erinnerungen ans Ghetto Theresienstadt berichtet. „Aber das Buch, das mein Großvater für Tommy hinterlassen hat, war in unserer Familie immer präsent.“ Er selbst habe angefangen, sich um das Vermächtnis seines Vaters zu kümmern, als der schwächer wurde. Inzwischen unterstützt ihn sein Sohn Julius.

Während des Gesprächs war es in der Aula mucksmäuschenstill. Alle lauschten gebannt den bewegenden Erzählungen von David Fritta-Haas. Aus einem kleinen Projekt sei ein großes geworden, hatte die stellvertretende Schulleiterin Dr. Désirée Bourger einleitend erklärt. Das Projekt ist mit dem „Zweitzeugen“-Gespräch längst nicht beendet. Die Reise geht weiter. Im Herbst will die 8d mit David Fritta-Haas Theresienstadt besuchen. Geschichte zum Anfassen, die nicht mehr loslässt.

Der Fernsehbeitrag in der Lokalzeit Münsterland lässt sich hier (ab Minute 08:40) abrufen.